Wir beschließen, am zweiten Tag getrennte Wege zu gehen. Der Rest meiner Reisegruppe will sich in den newyorker Shops umschauen und da sowas nichts für mich ist, entscheide ich mich, den Tag für einen Besuch in Brooklyn zu nutzen. Dass das Wetter nicht ideal sein soll, macht mir doch nichts aus!
Ich fahre einfach drauf los und beschließe, in einer Station auszusteigen, die auf der Karte recht groß aussieht. Nach dem Verlassen des Zuges fällt mir gleich auf, dass das Bild vor mir nicht ganz meinen Vorstellungen von Brooklyn entspricht. In meinem Kopf war der Stadtteil eher ein reiches Viertel, ein hübscher, ordentlicher Vorort. Jetzt will ich aber kurz kontrollieren, ob ich eh nicht die falsche Richtung genommen habe und in Bronx gelandet bin. Na gut, es ist zumindest wieder mal was anderes.
Ich biege um die Ecke ab und auf einmal, wie durch ein Portal durchgegangen, befinde ich mich im jüdischen Viertel. Jüdische Schulen, koscher Geschäfte und lauter Männer, denen das Flechten näher liegt als die Rasierklinge. Ich spaziere weiter in Richtung Prospect Park. Kaum im Park, erwischt mich ein plötzlicher Schüttregen. Ich erinnere mich, dass ich kurz davor an einem Altan vorbeigegangen bin und laufe zurück, um mich zu verstecken.
Der Regen beruhigt sich und meine nächsten Schritte führen in Richtung Green-Wood Cemetery. Knapp bevor ich diesen riesigen Friedhof betrete, erhebt sich ein extrem starker Wind, Menschen flüchten von den Straßen und abgebrochene Äste beginnen durch die Gegend zu fliegen. Ich stellte fest, dass es das Risiko, einen kurzen Friedhofsbesuch in einen dauerhaften Aufenthalt zu verwandeln, nicht wert ist und begebe mich zur nächsten U-Bahn Station.
Mein nächstes Ziel – Brooklyn Heights. Eine Gegend, die meinem Vorstellungsbild schon eher entspricht. Auch hier erwischt mich aber der Wind und gerade in dem Moment, in dem ich nachdenke, wie ich noch meine Güte das Gleichgewicht halten soll, macht es auf der anderen Straßenseite Plop und eine ältere Dame liegt am Boden. Ich und zwei Frauen laufen direkt zu ihr, um uns nach dem Zustand zu erkundigen. Ihre größte Sorge ist ihr Einkauf und ich bin eh schon dabei, ihre Nahrungsmittel heldenhaft zusammenzutreiben. Ein Aufstrich hat den Sturz leider nicht überlebt, die Dame scheint trotzdem mit meiner Leistung glücklich zu sein.
Ich setze meine Reise fort und spaziere über die Brooklyn Bridge zurück zu Manhattan. Auf der anderen Seite nehme ich die U-Bahn zum Hotel. Meine Reisekollegen schreiben mir, dass sie noch ins Museum of Natural History gehen möchten, also beschließe ich sie dort zu treffen. Ich will zu Fuß gehen, schließlich sind die 4 Meilen von Hotel zum Museum im Vergleich damit, was ich heute schon in Brooklyn geleistet habe, ein Pippi Spaziergang. Also nehme ich einfach die 8 Ave aufwärts.
Auf der Straße stürmt ein Mann auf mich zu. „Is it Friday?“ Soll das eine Fangfrage sein? „Is today Friday?“ wird er ungeduldig. Ich bestätige seine Vermutung und er macht sich auf den Weg, offenbar zufrieden mit meiner Antwort. Den Einkauf und die Zeitwahrnehmung zweier Menschen an einem Tag in New York gerettet. Da fühlt man sich wirklich wie der freundliche Nachbar Spider-Man.
Unterwegs mache ich einen Abstecher, um mir McGee's Pub anzusehen - das Lokal, das MacLarence von How I Met Your Mother inspiriert hat. „Inspiriert“ ist in diesem Fall das richtige wort.
Beim Museum angekommen und im W-LAN eingestiegen erfahre ich, dass meine Kollegen doch lieber zum Hotel gefahren sind, also kann ich wieder zurück. Diesmal nehme ich aber schon die U-Bahn, für weitere 4 Meilen reichen meine Kräfte und meine Geduld nicht mehr.
Nach dem Essen gehen wir ins Nachbarviertel Greenwich Village und suchen uns einen netten Underground Jazz Club. Wir schauen uns einen Gig an, Peter will für den nächsten noch bleiben, Claudia und ich packen uns für heute zusammen und gehen zurück zum Hotel. Eins steht fest: diese Band würde sich im besten Aufzug New Yorks keine Schande machen.
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